Jahresbericht 2003

8. Allgemeine Lebensberatung, Schwangerenberatung und Schwangerschaftskonfliktberatung

(Brigitte Scheuermann - Gillich)

8.1. Allgemeine Lebensberatung
     8.1.1. Organisatorischer Rahmen
     8.1.2. Regionale Zuständigkeit
     8.1.3. Personelle Besetzung
     8.1.4. Kurzberatung und telefonische Beratung
     8.1.5. Beratungsschwerpunkte
     8.1.6. Statistische Daten
     8.1.7. Vernetzung
8.2. Schwangerenberatung
8.3. Schwangerschaftskonfliktberatung


8.1. Allgemeine Lebensberatung

8.1.1. Organisatorischer Rahmen

Die Allgemeine Lebensberatung der Diakonie ist ein traditionsreicher Arbeitsbereich kirchlich-diakonischen Handelns. Sie versteht sich als ein flexibel gestaltetes Beratungsangebot für Menschen in unterschiedlichen Notlagen.

Die Allgemeine Lebensberatung ist häufig eine erste Anlaufstelle im Netzwerk des diakonischen Beratungsangebotes. Schwerpunkt ist die Beratungsarbeit. Daneben wird auch Vermittlung und Information für Menschen in Notsituationen angeboten.

Institutionell ist die Allgemeine Lebensberatung in das Gesamtangebot diakonischer Dienste und Einrichtungen eingebunden. Im Diakonischen Werk Offenbach-Dreieich-Rodgau ist sie für das Dekanat Dreieich sowie für Offenbach Stadt ein eigener Aufgabenbereich.

Die Dienst- und Fachaufsicht der Allgemeinen Lebensberatung wird vom Diakonischen Werk übernommen. Der fachliche Standard wird durch die Vernetzung in unterschiedlichen Gremien sowie durch Fortbildung gewährleistet. Besonders relevant für die Beratungsarbeit vor Ort ist der regelmäßig tagende „Arbeitskreis Allgemeine Lebensberatung“ in der Geschäftsstelle des Diakonischen Werkes Hessen/Nassau in Frankfurt/M.


8.1.2. Regionale Zuständigkeit

Die Beratungsstellen der Allgemeinen Lebensberatung befinden sich in Dreieich und Offenbach. Das Angebot richtet sich demnach an Hilfesuchende aus den Dekanaten Dreieich und Offenbach Stadt. Aber auch Menschen aus dem weiteren Kreis Offenbach können die Beratung in Anspruch nehmen.


8.1.3. Personelle Besetzung

Das Team Allgemeine Lebensberatung bestand bis Frühjahr 2003 aus drei ALB-Beraterinnen (eine Vollzeit- und zwei Halbtagsstellen), einer Migrationsberaterin (Vollzeit) sowie einer Verwaltungskraft (Vollzeit) plus dem Teamleiter. Personelle Veränderungen durch reduzierte Mittel zur Deckung der Personalkosten (u.a. Landeskürzungen) trafen das Team im Mai und Ende des Jahres 2003: eine Halbtags-Kollegin mit einem befristeten Vertrag verließ das rDW und fand eine neue Anstellung; die Migrations-Ganztagsstelle musste zum 1.1.2004 um 50% gekürzt werden; die ALB-Ganztagsstelle wurde aufgeteilt, so dass die Migrationsmitarbeiterin ab Jahreswechsel halbtags im Bereich ALB arbeitet, während die bisherige Ganztagsstelleninhaberin ab 1.1.2004 zu 50 % in einem anderen diakonischen Arbeitsbereich tätig ist sowie im Bereich ALB sich auf den neuen Schwerpunkt Mieterberatung konzentriert. Insofern ist das Team von sechs auf vier Personen geschrumpft.


8.1.4. Kurzberatung und telefonische Beratung

Zur Erstklärung einer Problemlage, zur Krisenintervention, zur Informationsvermittlung sowie zur Weitervermittlung von Klienten an andere zuständige Beratungsstellen waren kurze Beratungskontakte von einer Stunde sowie die telefonische Beratung von Bedeutung und wurden stark

nachgefragt. Damit erfüllt die Allgemeine Lebensberatung die Anforderungen einer ersten Anlaufstelle für Ratsuchende im Beratungsangebot der Diakonie.


8.1.5. Beratungsschwerpunkte

Im Jahr 2003 waren Einzelpersonen, Paare und Familien die wichtigsten Personengruppen, die unser Beratungsangebot in Anspruch nahmen. Folgende Probleme standen dabei im Vordergrund:

    Paarberatung:

  • Kommunikationsprobleme
  • Entfremdung
  • sexuelle Probleme
  • Nähe und Distanz
  • Suche nach neuen gemeinsamen Wegen
  • Trennung,
  • Scheidung

    Familienberatung:

  • Konflikte mit Kindern innerhalb und außerhalb der Familie, Familienorganisation
  • Probleme Alleinerziehender
  • Probleme im und nach dem Trennungsprozess

    Einzelberatung:

  • Finden neuer Lebensperspektiven nach Krisen
  • Umgangs- und Sorgerecht
  • Probleme beim Eintritt in neue Lebensphasen


8.1.6. Statistische Daten

Im Berichtszeitraum wurden bei uns gut 120 Hilfesuchende in fast 370 Beratungsgesprächen beraten und begleitet. Neben den schon beschriebenen Kurzberatungskontakten umfassten die Gespräche mit Paaren, Familien und Einzelpersonen im Schnitt 8-12 Beratungskontakte, um so zur Problemlösung zu gelangen.


8.1.7. Vernetzung

Auch im Jahr 2003 gab es eine intensive Zusammenarbeit mit unterschiedlichen sozialen sowie kirchlichen Institutionen. Die Teilnahme an den regelmäßig stattfindenden Arbeitskreisen „Soziale Arbeit“ sowohl in Langen/Dreieich als auch in Rödermark/Rodgau war wichtig, um die Beratungsarbeit zu vernetzen. Ebenso kooperierten wir mit Kirchengemeinden in der Stadt und dem Kreis Offenbach (z.B. Vermittlung von Klienten, Darstellung der Arbeit, Informationsweitergabe).

Auch intern arbeiteten wir mit den unterschiedlichen Arbeitsfeldern innerhalb unseres regionalen Diakonischen Werkes zusammen. So konnten Beratungsanfragen, die über unser Angebot hinausgingen, direkt weitergeleitet oder vermittelt werden. Auch der fachliche Austausch war auf diesem Wege stets gewährleistet.


8.2. Schwangerenberatung

Die Schwangerenberatung richtet sich an Frauen und deren Partner, die Beratung, Information und sonstige Hilfen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Familie suchen. Die gesetzliche Grundlage der Schwangerenberatung ist in §2 Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) geregelt. Hier wird jeder Frau und jedem Mann das Recht eingeräumt, sich in allen Fragen, die eine Schwangerschaft betreffen, beraten und informieren zu lassen.

Dieses Angebot wurde im Jahr 2003 von fast 140 schwangeren Frauen und Paaren in Anspruch genommen. Neben der Information über die rechtlichen Rahmenbedingungen für Mutter und Kind wurde den Frauen (grundsätzlich) auch eine psychosoziale Beratung angeboten. Ihnen wurde Raum gegeben, alle während der Schwangerschaft und danach auftretende Probleme, z.B. persönlicher, partnerschaftlicher, familiärer und finanzieller Art, zu besprechen.

Wie im Jahr 2002 waren ca. drei Viertel der Frauen Migrantinnen, bzw. Frauen mit Migrationshintergrund. Der überwiegende Teil der Frauen war aus dem islamischen Kulturkreis. Ein Viertel der Hilfe suchenden Frauen kam aus den verschiedenen Ländern der europäischen Union.

Um die interkulturellen Aspekte innerhalb der Schwangerenberatung zu thematisieren ist die fachliche Qualifikation der Beraterinnen von Bedeutung. In den Beratungsgesprächen war es unter anderem immer wichtig, den kulturellen und religiösen Hintergrund der zu beratenden Frauen mit einzubeziehen.

Auf Grund der belastenden Lebensumstände der Frauen (z.B. Arbeitslosigkeit des Partners, Krankheit eines Familienmitgliedes, materielle Not) war es wichtig, ihnen genügend Zeit zu geben, ihre Situation darzustellen und mit ihnen an für sie passenden Lösungsstrategien zu arbeiten. So dauerte jedes Beratungsgespräch durchschnittlich 45-60 Minuten. In Einzelfällen haben sich Folgeberatungen angeschlossen.

Wie schon in der Vergangenheit zeigte sich hier die direkte Zusammenarbeit mit unserer „Fachstelle für Migration und interkulturelle Beratung“ als sehr hilfreich (z.B. bei der Klärung ausländerrechtlicher Fragen).

Ein wichtiger Bestandteil der Schwangerenberatung war auch in diesem Jahr die „Bundesstiftung Mutter und Kind“. Gut drei Viertel der beratenen Frauen erhielten Leistungen aus der Bundesstiftung und erfuhren so schnelle und unbürokratische Hilfe. Der Anteil der Frauen, die noch über ein eigenes Erwerbseinkommen verfügten, hat im Jahr 2003 deutlich abgenommen. So konnten von 110 beratenen Frauen nur 16 Frauen durch ein eigenes Einkommen zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Der größte Anteil der Frauen war selbst nicht erwerbstätig. Die Familien lebten vom Einkommen des Ehepartners und/oder von Sozial- und Arbeitslosenhilfe.


8.3. Schwangerschaftskonfliktberatung

Die Schwangerschaftskonfliktberatung richtet sich an Frauen, die durch eine nicht geplante Schwangerschaft in eine persönliche Lebenskrise geraten. Diese Krise kann alle Bereiche ihres Lebens, ihrer Partnerschaft, ihrer Familie und ihrer Existenz berühren. Auf Wunsch der Schwangeren können auch Lebenspartner sowie sonstige Personen ihres Umfeldes in die Beratung miteinbezogen werden. Die gesetzliche Grundlage der Schwangerschaftskonfliktberatung ist in §219 Strafgesetzbuch (StGB) sowie in den §§ 5 und 6 SchKG geregelt. Die Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens und ist ergebnisoffen.

Ziel der evangelischen Schwangerschaftskonfliktberatung ist der Schutz des Lebens. Dieser Schutz umfasst sowohl das Ungeborene als auch die Schwangere. In einer prozessorientierten Begleitung wird die betroffene Frau auf der Suche nach der Entscheidung unterstützt, die für sie persönlich tragbar ist. Der Beratungsschein wird auf Wunsch der Frau unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen ausgestellt. Die Beratung ist kostenfrei, anonym und unabhängig von Nationalität und Konfessionszugehörigkeit.

Im Jahr 2003 konnte in unserer Beratungsstelle eine starke Zunahme an Schwangerschaftskonfliktberatungen verzeichnet werden. Durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit und Kontaktaufnahme zu Gynäkologinnen und Gynäkologen in Stadt und Kreis Offenbach konnten mehr als 40 Frauen an unsere Beratungsstelle überwiesen werden. Dies bedeutet eine Zunahme der Schwangerschaftskonfliktberatungen in 2003 um mehr als das Zehnfache.

Da sich die meisten Frauen durch eine ungeplante Schwangerschaft in einer persönlichen Krise befanden war es notwendig, zeitnahe Beratungstermine ohne Wartezeiten anbieten zu können. Allen Frauen wurde in den Beratungsgesprächen Zeit gegeben, ihre Konfliktsituation darzustellen und nach Alternativen zu einem Abbruch der Schwangerschaft zu suchen. Außerdem wurde den betroffenen Frauen Begleitung und Nachbearbeitung durch Beratungsgespräche angeboten, um die getroffene Entscheidung in ihre weitere Lebensplanung integrieren zu können. Nur eine geringe Anzahl der betroffenen Frauen kam in Begleitung ihrer jeweiligen Lebenspartner zu den Beratungsgesprächen.

Die am häufigsten genannten Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch waren psychische Überforderung, wirtschaftliche Gründe und Partnerschaftsprobleme. Im Vordergrund aller Beratungen standen die Klärung des persönlichen Konfliktes der Frau sowie die Begleitung im Prozess der Entscheidungsfindung. Darüber hinaus erhielten die Frauen ausführliche Informationen über psychosoziale, medizinische, soziale sowie finanzielle Hilfen.

Zur Weiterentwicklung der fachlichen Qualifikation nahmen die Beraterinnen an Fortbildungen, Fachtagungen, kollegialen Fachtreffen und Supervision teil. Auch die Teilnahme am Arbeitskreis „Schwan-geren- und Schwangerschaftskonfliktberatung“ in der Geschäftsstelle des Diakonischen Werkes in Frankfurt diente der Weiterentwicklung und Vernetzung der Beratungsarbeit.

Brigitte Scheuermann-Gillich

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